Lausitzer Rundschau vom 24.01.2017


Tragen statt löschen

Feuerwehrmänner müssen immer mehr Hilfe leisten / Kritik an "unkorrektem System"


 

GUBEN Wenn die Gubener Feuerwehr ausrückt, muss sie bei jedem dritten Einsatz Kranke transportieren oder Türen notöffnen. Das frustriert die Ehrenamtler. Auf den Einsatzkosten bleibt die Stadt sitzen. Versuche, eine Neuregelung zu schaffen, sind bisher gescheitert.
"Wir spielen den Bereitschaftsdienst für den Rettungsdienst", sagt Sebastian Schwitzke, Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Guben. Wehrführer Rico Nowka nickt zustimmend. "Wenn ein Patient für den Rettungsassistenten und den Sanitäter zu schwer ist, werden wir gerufen", berichtet er. Dann meldet sich bei mehr als 20 Ehrenamtlern der Pieper. Ausgerückt wird mit einen Löschgruppen-Fahrzeug mit bis zu neun Mann Besatzung. 25-mal musste die Gubener Feuerwehr im vergangenen Jahr ausrücken, um dem Rettungsdienst beim Tragen von Patienten zu helfen, 26-mal wurden Türen notgeöffnet. "Die Zahlen steigen seit Jahren kontinuierlich an", sagt Nowka. Schon 2016 war jeder dritte der 150 Feuerwehreinsätze eine technische Hilfeleistung.

Foto: Hier handelt es sich um eine Übung. Doch auch im Alltag müssen Feuerwehrmänner immer öfter dem Rettungsdienst helfen. Foto: R. Hottas


"Die Zahlen sind nicht hinnehmbar", kritisiert auch Kreisbrandmeister Wolfhard Kätzmer auf der jüngsten Sitzung des Umweltausschusses in der Neißestadt. Neben Guben sind auch andere Städte wie Forst und Spremberg oder die Gemeinde Kolkwitz betroffen. 97 Tragehilfeneinsätze und 80 Türnotöffnungen gab es 2016 im gesamten Landkreis Spree-Neiße. Landrat Harald Altekrüger (CDU) hatte das Thema bereits im April 2016 zur Chefsache erklärt und eine "klare Regelung des Landes" bis hin zur "Klärung von Zuständigkeiten für die Kosten" gefordert. Geändert hat sich bisher nichts. "Offensichtlich sind wir der einzige Landkreis in Brandenburg, der ein Interesse daran hat", räumt Petra Rademacher, Leiterin des Landratbüros, gestern auf RUNDSCHAU-Nachfrage ein. Momentan trete man "auf der Stelle". "Die Tragehilfe ist eine technische Hilfeleistungen und damit Aufgabe der Feuerwehr", sagt Wehrführer Rico Nowka. Streitpunkt ist jedoch, ob das nur für Notfälle gilt. "Mitunter tragen wir Patienten, die ihren Arzttermin schon lange im Voraus kennen", sagt Schwitzke. Solche Einsätze frustrieren viele ehrenamtliche Helfer, die ihren Arbeitsplatz verlassen, um Menschen in Not zu helfen. Für Nowka steht fest, dass so der Rettungsdienst "sein Transportproblem" auf Kosten der Feuerwehr löst. Bezahlen muss die Einsätze die Stadt Guben als Träger des Brandschutzes. Neben einer Aufwandsentschädigung für die Kameraden von zehn Euro pro Einsatz gehört dazu auch der Verdienstausfall, den der Arbeitgeber geltend machen kann. Laut Feuerwehrkostensatzung der Stadt Guben liegen die Einsatzkosten pro Feuerwehrmann und Stunde bei 55 Euro (Stand: 2014). "Ums Geld geht es uns gar nicht vordergründig", stellt Nowka klar. Vielmehr soll auf ein "unkorrektes Systems" hingewiesen werden, wie auch Uwe Schulz als zuständiger Fachbereichsleiter im Rathaus betont. Der Rettungsdienst als hauptamtlich verwaltete Struktur greife auf die Ehrenamtler der Feuerwehr zurück. "Und wir wissen nicht, warum", sagt Schulz.


Silke Halpick